Frühlingsfahrt in die Vallagarina

Frühlingsfahrt Vallagarina 2015

Bei hochsommerlichen Temperaturen führte die diesjährige Frühlingsfahrt des Heimatschutzvereins Meran in das südliche Trentino, genauer: in die Vallagarina. Knapp 30 Kulturinteressierte machten sich in die Heimat des Marzemino auf, um sich auf architektonische und kulinarische Spurensuche zu begeben

Teatro Zandonai, Foto: Manfred Ebner

Unser erstes Ziel war Rovereto, die „Città della Quercia“, deren Name sich von romanisch roburedu „Eichenwald“ ableitet. Zunächst besuchten wir das Teatro Zandonai aus dem späten 18. Jahrhundert. Es ist das älteste Theater des gesamten Trentino und dient nach achtjähriger Renovierung wieder seinem eigentlichen Zweck, der Aufführung von Musikstücken und Opern. Beeindruckend die Tonqualität des Raums sowie die peniblen Brandschutzauflagen des gänzlich aus Holz gearbeiteten Theatersaals. Die Ausflügler lauschten den kenntnisreichen Ausführungen unserer Führung, außerdem hat uns der Tontechniker eine besondere Mozart-Aufnahme vorgespielt.

Casa d’Arte, Rovereto, Foto: Manfred Ebner

Als nächstes querten wir die Altstadt Roveretos, die im Laufe des 19. Jahrhunerts zu einem Zentrum der irredentistischen Bewegung unter Cesare Battisti, Fabio Filzi und Damiano Chiesa wurde. Wir gelangten zur Casa d’Arte, die vom futuristischen Künstler Fortunato Depero 1957 gegründet wurde. Er selbst hat das Museum bis ins Detail geplant, das heute als Außenstelle zum MART gehört. Auch hier eine detailreiche Führung durch eine kleine Auswahl von insgesamt 3000 Objekten wie Malereien, Zeichnungen, Einlegearbeiten, Mobiliar, Grafik und Spielsachen. Im Obergeschoss bestaunten wir eine kleine Schau des weniger bekannten futuristischen Modezeichners, Fliegers und Malers Tullio Crali.

Pasticceria Bologna, Mori, Foto: Manfred Ebner

Da uns heiß wurde, hielten wir in Mori (zu Lateinisch morus „Maulbeerbaum“, da die Seidenraupenzucht samt Verarbeitung in der Vallagarina früher bedeutend war) in der Pasticceria Bologna Mittagsrast, wo neben einer pasta tiepida Köstlichkeiten wie Millefoglie oder Eis mit Früchten bestellt wurden. Ein schönes Ambiente, das sich zurecht zu einer Anlaufstelle für Gardasee-Reisende mauserte.

Lido Palace, Riva del Garda, Foto: Manfred Ebner

Über den flachen Passo S. Giovanni führte uns der nächste Busstop zu einem der „leading hotels in the world“, nämlich zum Hotel Lido Palace in Riva del Garda. Das Hotel wurde 1899 als Sommerfrischdomizil der Kaiserfamilie eröffnet. Nach umfangreicher Sanierung wurde 2000 ein Wettbewerb durchgeführt, worauf der Architekt Alberto Cechetto 2004 mit dem Umbau des Hauses beauftragt wurde. Eine Überdachung aus Containt-Stahl führt ins Freie, was bei den Architekt/innen in unserer Gruppe nicht auf ungeteilte Zustimmung traf. Das Hotel selbst wurde um einen Stock erhöht.

Die frische Brise des Gardasees verleitete zu einem kleinen Bummel in den Parkanlagen am See. Mit dem Bus ging’s weiter nach Arco, wo im Museo Alto Garda in der Galleria Civica eine kleine Ausstellung zu Giovanni Segantini, dem großen Sohn Arcos, und seinem Kreis zu sehen war. Es ist dies eine kleine Ergänzung zur weit bedeutenderen Ausstellung im Segantinimuseum in St. Moritz, das wir vor zwei Jahren besucht hatten. Ein Platzregen machte einigen Teilnehmern schnelle Beine und wir fuhren wieder in Richtung Vallagarina, die wohl für die Bezeichnung „Lagrein“ Pate gestanden hat.

Villalagarina, Dorfbrunnen, Foto: Manfred Ebner

Immer wieder griffen Ursula Schnitzer und Johannes Ortner zum Bordmikro, um Wissenswertes zu Architektur, Geschichte usw. der aufmerksamen Reisegruppe näherzubringen. Am Nachmittag kamen wir in Villalagarina an, dem Pfarrzentrum am rechten Etschufer (Destra Ades).

Wir besichtigten die Stanza A. Libera im Palazzo Libera, dem Geburtsort des rationalistischen Architekten Adalberto Libera (1903-1963). In der Stanza sind Fotografien der bekanntesten Werke des Architekten zu sehen, der u. a. das Regionalparlament der Region Trentino-Südtirol entwarf und am Bau der Villa Malaparte in Capri mitwirkte.

Nach einer kleinen Dorfrunde lugten manche von uns neugierig hinter die Tore alter Palazzi. Einer davon ist der Palazzo de Moll der adeligen Familie Guerrero-Gonzaga, die jedoch nur zwei Mal pro Jahr den Eintritt in ihre Gartenanlagen gestattet. Schade! Nach dem Dorfspaziergang ging es ins Nachbardorf Isera in die Casa del Vino, wo wir bei einem Aperitivo auf der Terrasse unsere Blicke über die Etschtalsohle schweifen ließen, zur Friedensglocke von Rovereto und über die Bergketten des Monte Zugna, wo heuer vor 100 Jahren die Front des Ersten Weltkriegs Deutsche und Italiener zu unversöhnlichen Feinden machte. Wie gut hatten wir’s dagegen: bei einem gemütlichen Abendessen (PinzimonioRisotto al MarzeminoTasca di vitello con verdure bzw. verdure grigliate con formaggio d’Alpeggiocrostata alle fragole e rabarbo) und einigen Gläsern Wein wurden neue Bekanntschaften geknüpft. Angefüllt mit Eindrücken und traten wir abends die Heimreise mit unserem umsichtigen Fahrer Andreas Grüner von den Tisner Reisen an.

Text: Johannes Ortner, Fotos: Manfred Ebner

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